Wieder aufgetaucht:
Liebesbriefe an Isabella
Jahrzehntelang stand der rote Pappordner im Regal eines ehemaligen Borgward-Mitarbeiters. Heute zeigen wir zum ersten Mal den Inhalt: Briefe, die Isabella-Käufer vor über 50 Jahren ans Werk schrieben. Es waren glückliche Borgward-Kunden, die sich damals an ihre mechanischen Schreibmaschinen setzten und ihre Erfahrungen zusammenfassten.
Fast alle dieser Männer es ist keine einzige Isabella-Fahrerin darunter hatten ihren Wagen in den Jahren 1954 und 1955 gekauft (einige wenige in den Jahren davor; sie fuhren noch Borgward-Modelle der Hansa 1500/1800-Serie). Aber besonders die lobenden Worte früher Isabella-Besitzer waren für Borgward wichtig. Mit ihnen ließen sich zweifelnde Interessenten und kritische Journalisten überzeugen, denn jeder deutsche Stammtisch wusste Mitte der 50er von den Kinderkrankheiten der Isabella. Weiche Karosserien gehörten dazu, Schäden an Motoren und an den Radaufhängungen. Dass es aber auch Kunden gab, die mit ihrer Isabella in zwei Jahren völlig problemlos 100 000 Kilometer abgerissen hatten, war in der skeptischen Öffentlichkeit weniger bekannt. Viel lieber spotteten Borgward-Verächter über das hübsche Mädchen mit der schmutzigen Unterwäsche oder nahmen einen damals populären Filmtitel in den Mund: Sie tanzte nur einen Sommer.
Am lautesten lachten Leute, die sich keine Isabella leisten konnten. Die zufriedenen Borgward-Fahrer ärgerten sich darüber und schrieben Liebesbriefe an Isabella. Wahrscheinlich wurden sie nie offiziell veröffentlicht, das Werk nutzte sie wohl nur unter der Hand. Umso wertvoller ist der rote Pappordner für heutige Borgward-Fans, zeigt er doch im Originalton, wie die Erstbesitzer über ihr Auto dachten.
Interessant ist nicht nur der geradezu euphorische Ton der Briefe, sondern auch ein Blick auf die Berufe der Absender. Sie zeigen, dass es keinen typischen Borgward-Fahrer gab. Sicher, freie Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte und Architekten sind als Gutverdiener der 50er-Jahre besonders häufig vertreten. Ansonsten aber konnte ein Borgward-Fahrer auch dem Hochadel angehören, Taxifahrer, Autoverwerter, Gewerkschaftsfunktionär oder Star des schwarzweißen Fernsehens sein. Clemens Wilmenrod (eigentlich Carl Clemens Hahn, *1906, 1967) gehörte dazu: Er war Deutschlands erster Fernsehkoch, gilt als Erfinder des Hawaiitoasts, des Päpstlichen Huhns und vieler anderer Nachkriegs-Leckereien. Der populäre Fernsehmann glaubte, Borgward in seinem Schreiben vom 28. Januar 1956 Hinweise zum richtigen Einfahren der Isabella erteilen zu müssen. So erzählt der rote Ordner nicht nur Automobil-, sondern auch ein kleines Stück deutscher Unterhaltungsgeschichte.
Clemens Wilmenrod, erster Fernsehkoch Deutschlands, über sagenhaft niedrigen Verbrauch durch sorgfältiges Einfahren
Siegfried Lambertz, Handelsfachvertreter für Farben und Lacke, über beste Erfahrung auf 4.000 km strapaziöser Urlaubsreise
Richard Dressler, Baumeister, über gute Fahreigenschaften und Straßenlage
Dr. med. A. Müller, Arzt für Homöopathie, über mehr als 100.000 km in vier Jahren mit Borgward
Omega Haller, Uhrengroßhändler, über angenehmes, ermüdungsfreies Fahren und hohe Wirtschaftlichkeit
Dr. Friedrich Kleyboldt über einwandfreien Betrieb und hohe Wirtschaftlichkeit
Arthur Rupp über problemlose 45.000 Kilometer im Jahr und niedrigen Benzinverbrauch

Herr Lamy, Mitarbeiter einer internationalen Spedition, über das Überschreiten der 100.000-Kilometer-Grenze ohne Schäden oder Reparaturen an der Maschine

Bruno Uhl, AGFA AG, über die „wirklich wunderbar durchkonstruierte“ Isabella TS

Franz Gersdorf, Messe- und Ausstellungsbau, über 50-60.000 Kilometer im Jahr mit einem ausgezeichneten Fahrzeug
Georg Poster, Stuck- und Malergeschäft, über verschiedene Borgward-Fahrzeuge im härtesten Baustelleneinsatz
Jakob Nachtsheim, Droschkenbesitzer, über 100.000 Kilometer im Taxenbetrieb

Wohlfeld & Wirtz, Klischeeanstalt, über 100.000 Kilometer im strapaziösen Einsatz

Karl Schrödel, Taxi-Unternehmen, über 100.000 Taxi-Kilometer in eineinviertel Jahren

Josef Kronen, Kraftfahrschule, über seinen bereits dritten Fahrschul-Borgward

Heinrich Fürbach, KRUPP-Automobilhändler, über seine tägliche Freude, Isabella zu fahren

Kurt Stühmann, Generalvertreter für Lederhandschuhe, über seine höchste Anerkennung für die Isabella-Maschine

Dr.-Ing. Helmut Knüppel über hervorragende Motorleistungen verbunden mit der Bestellung einer neuen Isabella TS
Kurt Hellmann: knappe Wort über seine größte Zufriedenheit mit seinem Isabella-Taxi über 100.000 Kilometer
Herr Reich, Schrott- und Altmetallgroßhändler und Autoverwerter, über die hervorragende Werkstattbetreuung seines Borgward Sport Kabrioletts

Hans May, Bundesvorstand Deutscher Gewerkschaftsbund, über den hervorragenden Motor mit Kompressionsdiagramm bei 92.000 Kilometern

Emil Rentschler, Metallwaren-Fabrikation, über sein Isabella Combi, das sich auf kurvenreichen Strecken besonders bewährte

Die Westfälische Zeitung über die Vorzüge von Karosserie, Chassie (sic!) und Motor
Dr. med. Sigfried Lyss über Kritiker, die sich nie eine Isabella leisten konnten
Carl Schalk, Rechtsanwalt, über die Bergfreudigkeit der Isabella bei seiner Schweiz-/Italienreise
Ernst August Prinz zu Solms-Braunfels, Führerscheinbesitzer seit 1911, über die Vorzüge seiner frsich erworbenen Isabella
W. Ziegler, Zahnarzt, über 5.000 Kilometer Urlaubsreise durch die Hitze Spaniens und Marokkos