„Borgward-Bilder erzählen“: Ausgabe 40

Das Ende eines Autolebens

Es ist ein paar Jahre her, da drückte mir ein Freund fünf Schwarz-Weiß-Fotos in die Hand, die jahrelang in der Werkstatt seines Vaters gehangen hatten. Sonderlich gut sind die Aufnahmen nicht; Risse und die rostigen Hinterlassenschaften von Heftzwecken sind deutlich zu erkennen. Der Zustand der Fotos ist mindestens so traurig wie das, was sie dem Betrachter vermitteln: das Ende eines Autolebens.

Dokumentiert wird die Zerlegung eines Hansa 1100 der zweiten Serie. Um aktuelle Fotos handelt es sich nicht – sie stammen aus den 80er-Jahren. Würde man heute noch einen Hansa in den Autohimmel befördern? Nicht unbedingt. Vor über 30 Jahren entschied darüber einzig und allein der Zustand des Fahrzeugs und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen.

Und damit sah es schlecht aus. Lange haben die Restbestände an Kurbelwellen-Lagersätzen für den modernen Goliath-Motor nach dem Konkurs der Borgward-Gruppe nicht vorgehalten. Massive Öldruckprobleme führten bei verschlissenen Lagerschalen zum Exodus der Maschine und damit einhergehend oft zum Verschrotten der 4-Takt-Goliath- und Hansa-PKW.

Zumindest in den Anfangsjahren nach dem Konkurs versorgte ein ehemaliger Vertragshändler der Goliath-Werke die Fahrer von 2- und 4-Taktern noch mit Ersatzteilen. Dann aber war Schluss, Nachfertigungen gab es kaum.

Etwas besser sah es da mit der Versorgung von Teilen bei Borgward oder Lloyd aus. Für Borgward wurde die Teilefertigung noch bis 1966 fortgeführt. Und nachdem 1963 die letzte Arabella unter der Ägide des Konkursverwalters vom Band gelaufen war, übernahm die Wewag GmbH die Restbestände der Lloyd-Produktion. Der Leiter des ehemaligen Lloyd-Ersatzteilwerkes, Karl-Heinz Bädecker, führte ab Mitte 1967 bis Ende 1985 die Fertigung von Ersatzteilen für Isabella, Arabella & Co fort.

Und so endete ein Hansa 1100 Mitte der 80er-Jahre eher ausgeschlachtet auf dem Autofriedhof als in den Händen eines frühen Liebhabers dieser seltenen Automarke. AD

Fotos: Archiv André Demin