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Autos aus Bremen
vom Lieferwagen bis zur Cheflimousine
von 1924 bis zum spektakulären Konkurs 1961

„Borgward-Bilder erzählen“: Ausgabe 35

Borgward-Sattelschlepper als Quelle-Modenschau-Bus

Über die Wupper

Manche Fotos erzählen so angeregt, dass sich Abende damit füllen ließen – selbst dann, wenn sie vom virtuellen eBay-Wühltisch stammen, wo sie ohne jeden Kommentar den Besitzer wechseln. Dieses Foto hier erzählt vor allem von der Vergänglichkeit, aber vor dieser Erkenntnis steht etwas Recherchearbeit.

Der Aufnahmeort ist das kleinste Geheimnis: „Zur bergischen Schweiz“ heißt das Gasthaus im Hintergrund. Es stand noch bis 2010 an der Wupper zwischen Remscheid und Solingen; zuletzt war es eine Disco und machte dann Platz für einen Neubau der Erlebnisgastronomie. Denn wie den Fotografen, der hier um 1955 seinen Kleinbildfilm belichtete, lockt Touristen der Blick auf die Müngstener Brücke. Sie ist 107 Meter hoch und bis heute Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke.

Uns interessiert mehr der Borgward-Lastwagen mit dem eleganten Sattelschlepper-Sonderaufbau. Es wird wohl das Spitzenmodell des Hauses sein, ein B 4500. Die runde Plakette über dem Kühlergrill und die Form der Radabdeckungen deutet auf eine Karosseriearbeit von Kässbohrer in Ulm hin. Der Quelle-Schriftzug dagegen irritiert erst einmal. Zum Warentransport wird der mondäne Zug nicht gedient haben, auch die drei Mädchen auf dem Foto passen nicht ganz zum Fernfahrer-Alltag der Aufbau-Ära. Jedenfalls dann, wenn die Gedanken so rein und sauber bleiben, wie es sich für ein Foto der 1950er gehört.

Bisschen tiefer eintauchen in die Geschichte des Großversandhauses Quelle. Zwei Jahre vor dem Konkurs im Jahr 2009 hat das Unternehmen noch eine aufwendige Festschrift in Buchform herausgegeben, und auf Seite 100 findet sich ein anderes Foto des Borgward: Es war der „Quelle-Modenschau-Bus“, der mit den neuen Kollektionen durch die ganze Republik tingelte. Wahrscheinlich sind die Mädchen am Borgward tatsächlich professionelle Mannequins. Womöglich dieselben, die auch für den Quelle-Katalog posierten, der es bereits 1958 auf eine Auflage von 50 Millionen brachte. Das Anseh-Erlebnis einer Modeschau konnte er nicht ersetzen.

Und was bleibt? Quelle, Kässbohrer und das Gasthaus an der Wupper sind ein- für allemal Geschichte. Bei Borgward ist das nicht so sicher: Ein neuer Borgward steht auf der IAA 2015. Er soll nicht mehr in Bremen gebaut werden, sondern in China, woher auch das Kapital für die Wiedererstehung fließt. Eines steht aber fest: Die Besatzung des Modenschau-Busses hätte sich sowas vor 60 Jahren nicht in den kühnsten Traum vorstellen können. CST

Foto: Archiv Christian Steiger