Borgward-Bilder erzählen: Ausgabe 16
Die rätselhafte Halle der Hansa und Matador
Es sind private Fotos, Format 9 x 13 mit gezacktem Rand, und nicht ganz scharf. Ein Werksfotograf der 50er-Jahre hätte sich damit nicht zufrieden gegeben. Produktion Borgward steht in Bleistift-Schrift auf den Rückseiten, und da beginnt das Rätsel: In Bremen-Sebaldsbrück können die Bilder nicht aufgenommen worden sein. Das zeigen die halbfertigen Kleintransporter neben dem Produktionsband der Borgward Hansa 1500 Cabriolets sie stammen weder von Goliath noch von Borgward. Wo also kommen die Fotos her?
Eine kurze Recherche zeigt es: Der Fotograf löste seine Kamera nicht in Bremen aus, sondern in Wülfrath, einer Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen. Er arbeitete wohl beim Karosseriewerk Hebmüller, wo 1951 und 1952 Borgward-Cabriolets und Tempo-Transporter unter demselben Dach entstanden. Denn Borgward baute seine offenen Hansa 1500 nicht selbst, und auch das Tempo-Werk Vidal & Sohn in Hamburg-Harburg vertraute auf die verlängerte Werkbank von Hebmüller: Die Rheinländer durften über das Tempo-Händlernetz eine Luxus-Version des Kleintransporters Matador anbieten. Sogar eigene Prospekte gab es und einen selbstbewussten Werbeslogan: Matador Luxus der Aristokrat unter den Kleintransportern. Dabei war es nicht viel, was den Edellaster von der etwas verhärmt wirkenden Basisversion unterschied: etwas größeres Fahrerhaus, größere Seitenfenster und eine Frontscheibe ohne Mittelsteg.
Wirklich luxuriös war der Borgward gegenüber, Kaufpreis 11.400 D-Mark aber beide Modelle brachten Hebmüller keine Rettung: Im Mai 1952 musste das Unternehmen Vergleich anmelden und 700 Mitarbeiter entlassen. Einen Großbrand im Juli 1949 hatte Hebmüller nie verkraftet, die Produktion sportlicher Cabriolets auf VW-Käfer-Basis musste das Karosseriewerk einstellen. Erst im Frühjahr 1951 konnte Hebmüller wieder produzieren und irgendwann im letzten Jahr der Firmengeschichte entstanden unsere beiden Fotos. Sie waren wohl Erinnerungen an einen Arbeitsplatz, den es kurze Zeit danach nicht mehr gab. CST
Foto: Archiv Christian Steiger